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Geschichte Norwegens

Norwegen ist ein altes Kulturland mit einer jungen Geschichte. Der große Wohlstand des Landes ist vergleichsweise frisch, das Selbstbild und unbedingt unabhängige Selbstbewusstsein sind in einer deutlich weiter zurückliegenden Zeit der Fremdbestimmtheit begründet.

Besiedelt ist das heutige Norwegen bereits seit vielen Jahrtausenden. Menschliche Spuren lassen sich ab der Zeit nach der letzten großen Eiszeit finden, von da an die gesamte Palette der Entstehung von Zivilisationen und Kulturen, der Änderung von Lebensweisen durch Sesshaftigkeit und kulturelle Errungenschaften, Erfindungen, die Entstehung von Ackerbau…

Es ist nicht eine Kultur der Norweger, wie in allen Ländern dieser Größe lassen sich viele unterschiedliche Entwicklungen an vielen Orten bis heute nachvollziehen. Die ersten Menschen, von denen man gesichert weiß, waren Rentierjäger, die den großen Herden folgten. Eine Landwirtschaft und damit Sesshaftigkeit entwickelte sich noch einige tausend Jahre vor Christus im Süden des Landes.

Auch wenn das Land lange am äußersten Rand der besiedelten und Europäern bekannten Welt lag und auch heute eher den Namen einer Reiseroute besitzt (Zollnahme bzw. Wegelagerei waren frühe wichtige Wirtschaftszweige), hatten die großen Entwicklungen auf dem europäischen Festland immer Auswirkungen auf die norwegische Gesellschaft: die Römer waren zwar nicht hier, aber ihre Handelsgüter gelangten auch in den hohen Norden. Die Völkerwanderungszeit hatte hier zwar nicht seine Ursache, sie war aber auch in Norwegen spürbar. Und die Runen entwickelten sich mit ziemlicher Sicherheit nicht hier, waren für die Norweger aber der Eintritt in den Schriftverkehr.

Und dann waren da noch die Wikinger. Die Nordmänner kamen auch aus dem heutigen Norwegen, sorgten in den großen Städten des weiten Südens für ordentlich Angst und Schrecken und schafften es, sich sowohl in die Machtzentralen des alten Europas zu schalten als auch ein paar wirklich schöne Flecken England und Frankreich zur bäuerlichen Besiedlung frei zu eisen.

Geschichte Norwegens

Geschichte Norwegens ©iStockphoto/Duncan Walker

Und vom Bootsbau hatten sie natürlich ebenfalls Ahnung. Norwegen war lange ein von Clans und Häuptlingen dominiertes und umkämpftes Land. Christen hatten keinen guten Stand, sagenhafte Herrscher teilten den Norden unter sich auf, trugen sich mal als Gerechte und Gute, mal als Wilde und Unberechenbare in die Geschichtsbücher ein.

Die Samen, von denen ein großer Teil den Norden Norwegens bewohnt, haben eine der ältesten durchgehend gepflegten Kulturen Europas und hatten schon Kontakt zu den Wikingern und ihren umtriebigen Herrschern.

Kurz nach der ersten Jahrtausendwende änderte sich mit den Olavs ein wenig der norwegische Führungsstil. Die Wikinger hatten sich auf Kriegszügen im Süden taufen lassen, kehrten nun heim, besiegten Widersacher und übernahmen als christliche Könige die Herrschaft. Trondheim wurde als Königssitz und Zentrum des Christentums im Norden errichtet, was nichts an der kriegerischen Basis der Herrschenden änderte. Diese wechselten in rascher Folge, erst Anfang des 12. Jahrhunderts endete die Dominanz der Wikinger.

Der Einflussbereich der Hanse endete im heutigen Norwegen, die aufkommenden Nachbarreiche, besonders Norwegen und Schweden, traten in eine wechselvolle Konkurrenz zu Norwegen, die das gesamte 15. Jahrhundert (und ein wenig darüber hinaus) in der gewaltigen Kalmarer Union mündete. Dänemark, Norwegen, Schweden, Teile Finnlands und sämtliche heutige Staaten der Nordmeere waren eins, darauf folgte eine kleinere Version, eine Union Norwegens mit Dänemark, die bis ins 19. Jahrhundert reichte.

Die Reformation fiel in diese Zeit, Norwegen wurde sehr stark vom dänischen Staat dominiert; das endete wiederum mit den Völkerschlachten des 19. Jahrhunderts. Dänemark, auf französischer Seite, musste Norwegen abtreten – und zwar an Schweden. Um das nun wichtigste Zentrum des Landes, Oslo, hatte sich da aber schon eine nach Autonomie strebende, nationalbewusste norwegische Szene entwickelt, die auch kulturell prosperierte und im frühen 20. Jahrhundert in der Autonomie endete – und zwar in einer konstitutionellen Monarchie, zum Monarchen wurde demokratisch ein dänischer Prinz gewählt.

Im ersten Weltkrieg war Norwegen offiziell neutral, faktisch aber auf der richtigen Seite – gegen die Deutschen, die norwegische Handelsschiffe versenkten. Zwischen den Weltkriegen, in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit, konnte das Land seine Ansprüche auf die Inseln im hohen Norden juristisch absichern. Auch im Zweiten Weltkrieg hatte es den Anspruch, neutral zu sein, allerdings zu wichtige Rohstoffe, um nicht umkämpft zu werden. Noch heute kann man in zahlreichen Hafenstädten Norwegens erfahren, welch immense Schäden das Dritte Reich im hohen Norden verursachte, das ab 1940 das Land besetzte.

Der König arbeitete vom englischen Exil aus für den Widerstand, aber auch im Land gab es komplex organisierten, mutigen Widerstand: etwa die Milorg, die Sivorg und auch die Kompanie Linge. Jens Christian Hauge, einer der berühmtesten Politiker des 20. Jahrhunderts, begann seine politische Karriere als Widerstandskämpfer gegen das deutsche Reich.

Norweger galten den deutschen Rassisten als ebenbürtig, das Rassezüchtungsprogramm Lebensborn betraf auch viele norwegische Familien, was die Aufarbeitung der Naziverbrechen zu einer noch komplexeren Angelegenheit machte als anderswo und – wenn es um Kinder ging – nicht selten auf dem Rücken vollkommen Unschuldiger ausgetragen wurde.

Andererseits wurde die Nazigeschichte in Norwegen deutlich gründlicher aufgearbeitet als in Deutschland selbst, Verbrecher wurden bestraft, deutsche Beteiligungen an norwegischen Gütern vom Staat übernommen, ein eigene Art von Sozialstaat geprägt. Norwegen trat der NATO, nicht aber der Europäischen Union bei und boomte ab den 60er Jahren als Erdölexporteur.

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