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Norwegens Kirche

Norwegens Kirchengeschichte ist eine besondere. Das Königreich ist unter großem Aufwand erst zur Jahrtausendwende allmählich christianisiert worden, es hat – beispielsweise mit den hölzernen Stabkirchen – eine ganz eigene Tradition, Sakralbauten zu errichten, es hat bei der Reformation einen erneuten Umschwung zum Protestantismus gegeben, der später in einer eigenen Form von Staatskirche mündete, die 2012 per Parlamentsbeschluss endete.

Im heutigen Norwegen haben vor der Christianisierung Religionen interessiert, deren Praktiken man heute vor allen Dingen aus christlichen (also eher einseitigen) Erzählungen kennt – und natürlich von archäologischen Funden. Schriftlich gibt es aber so gut wie keine Selbstzeugnisse; man kennt die Götter, die Welten, einige wichtige Orte, weiß, dass unter den Samen eigene Formen von Schamanismus praktiziert wurden und dort auch ein bisschen genauer bescheid, weil die Christianisierung im hohen Norden noch bis vor unwesentlich mehr als 100 Jahren vorangetrieben wurde.

Lars Levi Læstadius, ein Botaniker und Pfarrer aus dem schwedischen Lappland, der eine schwedische Mutter hatte, gilt als Bezwinger des alten Glaubens durch Übernahme religiöser Elemente der Samen, wobei man (glücklicherweise) konstatieren darf, dass der alte Schamanismus wohl nie ganz ausgelöscht war.

Das, was den Samen in Nordskandinavien über die Jahrhunderte auch im Namen des Christentums angetan wurde, ist boshaft, seitdem die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Einschränkung der offiziellen und offensiven Verfolgung der Kultur brachte, gibt es unter vielen Samen selbstbewusster vorgetragene Ansprüche. Berühmt ist der Schamane Ailo Gaup, der seinen samischen Eltern noch weggenommen wurde und sich später seiner Wurzeln bewusst wurde.

Kirche in Norwegen

Kirche in Norwegen ©iStockphoto/Angela Davis

In den südlicheren Teilen Norwegens begann man bereits im siebten Jahrhundert mit der christlichen Missionierung, diese brauchte aber bis weit ins zweite Jahrtausend, bis sie sich durchgesetzt hatte. Viel hängt mit den Olavs zusammen, die als Wikinger losgezogen waren, christianisiert aus Mitteleuropa zurückkehrten und ein frühes norwegenähnliches Reich beherrschten.

1024 gab es ein erstes offizielles Kirchengesetz, Olav II. Haraldsson starb 1030 bei einer Schlacht in der Nähe von Trondheim, die er mit christlichen Söldnern gegen unchristliche Einheimische führte – und gewann, wenn man das so sagen kann. Seine Armee gewann zumindest, sein Tod diente der Christianisierung.

Er wurde zum Heiligen erklärt, in Trondheim der Nidarosdom gebaut, ein Pilgerweg von Oslo nach Trondheim in seinem Andenken eingerichtet, Trondheim wurde für Jahrhunderte das wichtigste Pilgerziel in Nordeuropa und alles, was nichtchristlich war, schlichtweg überlaufen.

Ab dem 12. Jahrhundert wurden in Norwegen überall neue Gemeinden gegründet, auffällig ist, dass die Zeit der Christianisierung Norwegens mit der Entstehung vieler Orte zusammenfällt, die noch heute von Relevanz sind. Die Christianisierung scheint eine Zeit der Neuorientierung gewesen zu sein – auch in weltlicher Hinsicht.

Interessant ist ebenso, dass Norwegen – wie etliche andere Länder auch – einen überdurchschnittlich gläubigen Süden hat, der, in Anlehnung an den Bible Belt der USA, Gürtelschnalle genannt wird. Sie ist halt eher ein kleines Fleckchen.

Norwegen ist die Jahrhunderte nach der Christianisierung eher selten so unabhängig wie heute. Mal sind es die Schweden, mal die Dänen, irgendwann auch die Deutschen, die in einer vielleicht einzigartigen Mischung aus militärischer Annexion und Umarmung eines Blödsinnigen extreme Schäden anrichten.

Trotzdem gibt es im 16. Jahrhundert einen neuen, massiven Umschwung. Der Protestantismus hielt mit aller Konsequenz Einzug. Bilderstürmer zerstörten Kunstschätze, uneinsichtige Katholiken wurden vertrieben, Klöster wie Festungen geschliffen.

Norwegen bekam eine Staatskirche, eine in ihren Institutionen und ihrer Glaubensauslegung relativ unabhängige Institution, die das Land in ein dutzend Bistümer aufteilt und – zumindest im Vergleich zum Protestantismus in Deutschland – nach wie vor hervorragende Kirchenbesucherzahlen vorweisen kann. Fast 80 % der Norweger gelten als Mitglieder der norwegischen Kirche, sämtliche anderen Religionen sind dadurch quasi marginalisiert.

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